Nie wieder Faschismus! Sondern...

Demokratie, Freiheitsrechte, Frieden, Akzeptanz, Vielfalt, Zivilcourage, Integration, Gemeinschaft, kein Rassismus, Gleichberechtigung.

Zu diesem Ergebnis kamen wir, die Klasse 9c des MPG, in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus allgemein und den Verbrechen an den Juden der Region im Besonderen. Die erschütternden Ereignisse dieses dunklen Kapitels unserer Geschichte haben uns nicht nur gezeigt, wie wichtig es ist, für die oben genannten Werte einzustehen, sondern auch an die Verbrechen hier vor Ort in Lahr zu erinnern.

 

Nun aber von vorne...

Am 27.10 besuchte uns der Vorsitzende des historischen Vereins Geroldsecker Land Norbert Klein im Rahmen einer Gedenkveranstaltung für den 82. Jahrestag der Judendeportationen im Kreis Lahr.

Wir möchten euch/ Ihnen nun einen Einblick in das von Herrn Klein berichtete Schicksal der Juden im Kreis Lahr geben. Falls euch/ Ihnen dieses Thema zu Nahe geht, lest/ lesen Sie ihn nicht alleine oder zu einem späteren Zeitpunkt. Auch uns haben die Schicksale sehr mitgenommen.

Angefangen hat alles mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933. Adolf Hitler kam an die Macht und gestaltete binnen kürzester Zeit mit gewaltsamen Mitteln die Demokratie zu einer Diktatur um. Damit begann die erste Phase der Judenverfolgung in Form von Boykotts. D.h., dass immer weniger Menschen in jüdischen Geschäften einkauften und am 10. Mai 1933 viele Bücher jüdischer Autoren oder andere Schriften, die nicht als linientreu erachtet wurden, öffentlich verbrannt wurden. So auch auf dem Langenhard bei Lahr. Verschlimmert wurde das Ganze durch die Nürnberger Rassegesetze, die besagten, dass Arier mehr wert seien als Juden und somit keine Ehe mit „Minderwertigen" eingehen durften. Es ging darum, Juden weiter auszugrenzen und diejenigen zu demütigen, die diese Judenfeindlichkeit (= Antisemitismus) nicht teilten.

Im Jahr 1938 schritt der Judenhass weiter voran. Deutschlandweit sind in der Reichspogromnacht über 1200 Synagogen verbrannt oder, wie auch in Kippenheim, zerstört worden und Juden ab sofort mit einem „J" in ihren Ausweisen versehen worden. Zudem wurden in deutschen Ausweisen die zweiten Vornamen Sara und David verwendet um zu verdeutlichen, dass die Menschen nicht als Individuen wertgeschätzt und auf ihre jüdische Herkunft reduziert und damit stigmatisiert wurden. Im selben Jahr wurden ca. 10000 Menschen, darunter 15 jüdische Männer aus Lahr, nach Dachau transportiert, um sie zu demütigen, einzuschüchtern und letztlich zu enteignen. Sie mussten unterschreiben, das Land möglichst bald zu verlassen und nichts zu erzählen. Die Lahrer Juden wurden danach mit ihren Familien in zwei Wohnhäusern zusammengepfercht, enteignet und nur vier Personen hatten genügend Geld für eine Emigration. Bis hierher ging es den Nationalsozialisten hauptsächlich um Ausgrenzung und Demütigung von Juden, jedoch kam mit dem Zweiten Weltkrieg der Vernichtungswille auf, der nun systematisch verfolgt wurde.

In rasender Geschwindigkeit wurden Konzentrationslager aus dem Boden gestampft. Bevor die Betroffenen in ein KZ transportiert wurden, mussten sie eine unbestimmte Zeit in einem Barackenlager verharren. Die Grundbedürfnisse wie Privatsphäre, Hygiene, Essen etc. wurden vor Ort massiv eingeschränkt und der Tod wurde allgegenwärtig. All der Besitz der jüdischen Bevölkerung wurde von NS Männern einkassiert und zu billigen Preisen an Deutsche versteigert. Die meisten Juden wurden nach den Barackenlagern in KZs weiter transportiert.

So erging es auch 129 Juden aus dem Bezirk Lahr, die am 22.10.1940 in der „Bürckel-Wagner-Aktion" mit insgesamt 6500 Juden in sieben Zügen nach Gurs in Frankreich deportiert wurden. Die Strapazen des Lagerlebens - Hunger, Kälte, Krankheiten, Erschöpfung etc. - kosteten rund 1000 Menschen und darunter 7 aus Lahr im ersten Winter das Leben. Die Überlebenden wurden schließlich ins Vernichtungslager nach Auschwitz in Polen transportiert. Denn spätestens mit der Wannseekonferenz 1942 war der Vernichtungswille politisches Programm geworden und nahmen die Tötungsaktionen massiv zu.

In den Konzentrationslagern wurde aussortiert, wer arbeitsfähig war und wer direkt sterben musste. In Auschwitz konnten täglich 1000 Menschen getötet werden. Die Juden wurden unter dem Vorwand zu duschen in Gaskammern geschickt und wussten bis kurz vor ihrem Tod nicht, was mit ihnen geschehen würde. Ihre Leichen wurden anschließend von arbeitsfähigen Insassen in extra dafür angefertigten Öfen verbrannt. Aus Sicherheitsgründen wurden auch die arbeitenden Juden nach einiger Zeit umgebracht, damit sie niemanden von der Grausamkeit der KZs erzählen konnten. Auch die Lahrer Juden fielen diesem grausamen Schicksal zum Opfer.

Um das Andenken an diese jüdischen Opfer aus Lahr am Leben zu erhalten entwarfen Schüler des Max-Plack-Gymnasiums zusammen mit ihrem damaligen Religionslehrer Herrn Heck im Jahr 2015 einen Gedenkstein. Diese Erinnerungskultur wollte unsere Geschichtsklasse mit Frau Sapel wieder aufleben lassen und machte daher mit Herrn Klein einen Ausflug zu demselben. Zuvor hatten wir unsere Anliegen wie Frieden, Gemeinschaft, Demokratie, Vielfaltetc. auf kleine Steine geschrieben und dort niedergelegt. So wie in der jüdischen Kultur Steine auf Grabsteine im Sinne des Gedenkens niedergelegt werden, wollten wir damit nicht nur unser andächtiges Gedenken ausdrücken, sondern gleichsam zum Ausdruck bringen, was wir für unsere Zukunft aus deren tragischen Schicksalen lernen möchten -

Wir alle waren uns einig: Antisemitismus muss der Vergangenheit angehören und so etwas darf nie wieder passieren!

Dass dies eine anhaltende gesellschaftliche Aufgabe bleibt, zeigen die jüngsten Berichte des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein. Für uns war es erhellend, erschütternd und wichtig zugleich dessen Appell zu einer lebendigen Erinnerungskultur zu folgen und wir können hier nur dazu aufrufen, es uns gleich zu tun.

Informiert euch, erinnert euch und werdet aktiv!

 

Sofia Buttenmüller, Gabriela Shamon und Frau Sapel