Zeitzeuge Dr. Kurt Maier am MPG

In einem Stick mein ganzes Leben" - so beginnt Kurt Salomon Maier seinen Vortrag vor Schülerinnen und Schülern der Klassen 9 am Dienstag in der Aula des Max-Planck-Gymnasiums. Jedoch im Laufe der folgenden eineinhalb Stunden zeigt sich, was ein noch so leistungsfähiges elektronisches Medium nicht leisten kann. Die auf dem Stick gespeicherten Bilder werden durch die Worte des Vortragenden erst lebendig, die Personen darauf bekommen einen Namen und erzählen ihre Geschichte. Es ist eine schlimme Geschichte, die hier erzählt wird, jedoch für Kurt Maier ist es auch die Geschichte seiner Kindheit in Kippenheim, an die er sich mit viel Wärme und Zärtlichkeit erinnert und die er im Wesentlichen als Idylle erlebte. Die Zerstörung dieser Idylle wird anschließend eindrucksvoll veranschaulicht: beispielsweise durch Bilder der Synagoge in Kippenheim vor und nach ihrer Zerstörung in der Reichspogromnacht. Kurt Maier zeigt auch Bilder aus Propagandabüchern für Kinder und von einem Würfelspiel "Juden raus!", bei dem man auf bestimmten Feldern sich jüdische Besitztümer aneignen kann - ein böses Spiel, das zur bösen Wirklichkeit werden soll.

Kurt Maier gelingt es die Bilder zum Sprechen zu bringen. Er zeigt die "Kennkarte" seiner Großmutter Sophie Auerbacher mit dem eingedruckten riesigen "J" für "Jude", mit den Fingerabdrücken ("Meine Oma, die Terroristin") und der Unterschrift, die nicht in die vorgegebene Zeile passt, weil Sophie Auerbacher wie alle jüdischen Frauen den Namen Sarah beifügen musste. Im anschließenden sehr persönlich geführten Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern erhielten diese Antworten auf weitere Fragen, beispielsweise über seine Zeit im Konzentrationslager Gurs und die glückliche Rettung durch Emigration in die USA. In dem langen Applaus am Ende des Vortrags spürte man die Dankbarkeit der Zuhörerinnen und Zuhörer für Einblicke in ein Leben, das auf einem Stick nicht ansatzweise Platz hat.

Andrea Welz